
Agiles Arbeiten hat die Softwareentwicklung revolutioniert. In den letzten Jahren hat Scrum jedoch auch bei Business-Praktikern, die nicht direkt in der Softwareentwicklung tätig sind, an Beliebtheit gewonnen. Agiles Arbeiten hilft Teams, schnell und effizient zu handeln. In agilen Frameworks geht es um zielgerichtetes Handeln, um das Erreichen von Zielen und immer darum, einen Mehrwert für den Kunden zu schaffen. Und genau diese Anpassungsfähigkeit macht agiles Arbeiten so wertvoll.
„Ich bin stolz auf viele Dinge, die wir nicht getan haben, genauso wie auf die, die wir getan haben. Innovation bedeutet, zu tausend anderen Dingen Nein zu sagen.“
Steve Jobs
6 Tipps für agiles Arbeiten: Schritt für Schritt zum Erfolg
Häufig stehen Praktiker vor der Herausforderung, dass agile Frameworks wie Scrum, Scaled Agile Framework (SFAe) oder andere Frameworks zu theoretisch sind. Ferner fehlt Praktikern häufig ein Startpunkt, mit dem Sie und Ihre Teams die agile Reise beginnen können. In diesem Abschnitt erfahren Sie, wie Sie inkrementell – also Schritt für Schritt – agiles Arbeiten in Ihrer Organisation etablieren.
Tipp 1: Agil bedeutet, sich Ziele zu setzen
Agiles Arbeiten bedeutet, dass Sie und Ihre Teams sich Ziele setzen. Legen Sie gemeinsam mit Ihrem Team die Ziele für das nächste Quartal fest und schreiben Sie diese in Form von OKRs (Objectives Key Results) auf. Agiles Arbeiten bedeutet auch, dass Sie die Quartalsziele in so genannte Sprints aufteilen. Der Hintergrund ist, dass Sie in Sprints den Prozess zum Erreichen des Quartalsziels effizienter steuern können.
Deshalb ist es wichtig, Sprints zu planen. Erstellen Sie einen Plan, in welchem Sprint Sie Ihrem Quartalsziel näher kommen möchten.
Setzen Sie sich also ein großes Ziel, z.B. ein Quartalsziel, und arbeiten Sie sich dann in Sprints immer weiter vor, bis Sie das Quartalsziel erreicht haben.
Tipp 2: Sie arbeiten agil, wenn sie in Sprints denken
Sie und Ihre Teams arbeiten agil, sobald Sie in Sprints denken und handeln. Der Sprint ist das Zentrum Ihrer Aktivitäten. Sie können den Sprint nach Scrum auf 2, 3 oder 4 Wochen oder – wenn Ihre Geschäftsprozesse es ermöglichen – auch auf 1 Woche festlegen. Ein zu kurzer Sprint schafft mehr Overhead für Planung, Review und Retrospektive. Ein zu langer Sprint birgt die Gefahr, dass Ihre Iterationsschleifen zu lange dauern und Anpassungen zu spät erfolgen.
Tipp 3: Agiles Arbeiten heißt Sprints vor- und nachbereiten
Am Ende jedes Sprints gibt es drei Events, die Sie für sich und Ihr Team planen sollten. Besprechen Sie die Ergebnisse, die Sie im aktuellen Sprint erreicht haben. In Scrum heißt dieses Event Sprint Demo. Als nächstes gilt es, den nächsten Sprint zu planen. Welches Ziel möchten Sie innerhalb des nächsten Sprints erreichen? In Scrum heißt dieser Event Sprint Planung oder Sprint Planning. Schließlich wollen Sie als agiles Team iterativ vorgehen. Besprechen Sie, was im aktuellen Sprint „gut gelaufen“ ist und was „verbessert“ werden kann. In Scrum nennt sich dieses Event Retrospective.

Tipp 4: Starten Sie die agile Revolution
Sie können die agile Arbeitsweise klassisch als Top-Down-Ansatz einführen. Das heißt, die Unternehmensführung entscheidet, dass die Teams ab einem bestimmten Zeitpunkt agil arbeiten sollen.
Sollte Ihre Unternehmensführung allerdings noch nicht auf den Geschmack gekommen sein, können Sie die agile Revolution auch von unten, also Buttom-up, lostreten. Setzen Sie sich und Ihren Teams Quartalsziele und definieren Sie OKRs. Brechen Sie diese Ziele wie oben beschrieben herunter auf Sprints und machen Sie Nägel mit Köpfen.
Tipp 5: Als agile Führungskraft sind Sie ein Servant Leader
Ihre Rolle als agile Führungskraft ist die eines Servant Leaders. Sie sind also dafür verantwortlich, einen agilen Rahmen für Ihr Team zu schaffen. Der agile Rahmen bedeutet, dass Sie gemeinsam mit Ihrem Team Ziele erarbeiten, diese in Sprints umsetzen und am Ende des Sprints Bilanz ziehen, was Sie geplant und was Sie erreicht haben. Eine agile Führungskraft zu sein bedeutet auch, Raum für Verbesserungen zu schaffen. Loben Sie Ihr Team für gute Leistungen und sprechen Sie auch über Verbesserungsmöglichkeiten. Seien Sie vorsichtig bei der Formulierung dieser Verbesserungsvorschläge. Sagen Sie nicht einfach, was schief gelaufen ist und nennen dann einen Schuldigen. Sie sind kein Richter, sondern ein Servant Leader. Formulieren Sie alle Verbesserungsmöglichkeiten als Wunsch: „Ich wünsche mir, dass in der Zukunft XY gemacht wird.“ Bitten Sie auch Ihre Teammitglieder, Verbesserungsideen genauso zu formulieren.
Seien Sie am Anfang nicht zu kritisch. Apple hat beispielsweise lange gebraucht, um ein agiles Unternehmen zu werden. Betrachten Sie agiles Arbeiten als einen Prozess, bei dem Sie und Ihre Teammitglieder in jedem Sprint dazulernen.

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Tipp 6: Beim agilen Arbeiten müssen Mitarbeiter lernen wollen
Mitarbeiter, Führungskräfte und andere Teammitglieder bilden in der agilen Arbeitsweise ein Team. In Scrum wird zwischen Scrum Master, Product Owner und dem Entwicklerteam unterschieden. Wenn dieses Set-up auf Sie zutrifft, dann orientieren Sie sich an Scrum. Sollten Sie eine andere Konstellation haben, dann sind Sie ein Team mit unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und einer Führungskraft, die als Servant Leader das Team dabei unterstützt, agiler zu werden.
Im Detail bedeutet dies für die Mitarbeiter, dass Sie sie bei der Zielsetzung und Zielerreichung unterstützen müssen. Darüber hinaus ist es zwingend notwendig, dass alle Mitarbeiter bereit sind, im agilen Set-up dazuzulernen. Es bringt dem Team nichts, alle Scrum Events zu planen, umzusetzen und nachzuverfolgen, ohne Veränderungen zuzulassen. Die Mitarbeiter sind das Herzstück der agilen Arbeitsweise und werden ausnahmslos für den Fortschritt benötigt.
Best Practices: Diese 4 Unternehmen arbeiten bereits agil
Agiles Arbeiten und Frameworks sind keine theoretischen Konstrukte. Es handelt sich um Prinzipien, die branchen- und kulturübergreifend angewendet werden können. In diesem Abschnitt finden Sie Best Practices von Unternehmen, die agiles Arbeiten eingeführt haben.
#1 Microsoft: Softwarekonzern ändert seinen Arbeitsansatz
Die agile Reise von Microsoft begann erst 2011. Davor wurde Microsoft liebevoll mit einem mächtigen Kriegsschiff verglichen: kraftvoll, aber nicht agil. Der Vice President Brian Harry kündigte 2011 in einem Blog-Beitrag von Microsoft an, dass das Unternehmen auf agile Methoden setzen werde. Zu diesem Zeitpunkt waren viele Mitarbeiter skeptisch, ob ein bürokratischer Koloss wie Microsoft es schafft, agil zu werden.
Die Strategie von Microsoft bestand darin, eine bestimmte Abteilung zu transformieren, um von dort aus das gesamte Unternehmen mit agilen Methoden zu erneuern. Microsoft begann mit der Implementierung von Scrum in der Developer Devision. Besucher von Microsoft berichteten, dass sie die Umstellung auf Scrum in den Büros förmlich spüren und sehen konnten. Es gab kein Team, dass sich nicht morgens Stand-up abstimmte und keinen Besprechungsraum, in dem der Scrum-Prozess nicht mit Post-its auf einem Chart dargestellt wurde.
Das Management von Microsoft erkannte, dass die Umstellung auf eine agile Arbeitsweise kein visionärer Selbstzweck war, sondern es handelte sich vielmehr um eine kommerzielle Entscheidung. Die Zeiten, in denen Software jedes Jahr in einer kleinen Box ausgeliefert wurde, sind längst vorbei. Heute erwarten die Kunden jeden Monat ein neues Update, das ihren Bedürfnissen gerecht wird.
#2 Spotify setzt auf Scrum
Spotify ist bekannt dafür, bereits seit vielen Jahren Scrum und agile Arbeitsmethoden einzusetzen. Das Unternehmen hat sein gesamtes Entwicklungsmodell auf die agile Arbeitsweise umgestellt. Es betrachtet Agilität als eine der wichtigsten Triebfedern seiner Geschäftsstrategie. Die Zusammenarbeit der Cross-Functional-Teams hat sich erheblich verbessert und Spotify erhält positives Feedback von seinen Kunden. Der agile Ansatz von Spotify hat dazu beigetragen, die Innovationsfähigkeit des Unternehmens zu steigern, so dass Spotify schneller auf Kundenbedürfnisse reagieren kann. Für Spotify bedeutet agiles Arbeiten, nicht nur schnell und effizient zu sein, sondern auch schnell auf Kundenbedürfnisse einzugehen.
#3 BMW: DAX-Riese setzt auf agile Methoden
BMW setzt bereits seit Anfang der 2000er Jahre auf agile Methoden und beauftragt sogar eine Unternehmensberatung mit der Unterstützung bei der Implementierung agiler Arbeitsweisen. Bei der Transformation zur agilen Arbeitsweise setzt BMW auf das Coaching von Führungskräften, die Zertifizierung von Mitarbeitern nach Scrum sowie auf interne Schulungen der Mitarbeiter. Damit stellt das Unternehmen sicher, dass nicht nur externe Berater das agile Handwerkszeug verstehen, sondern auch die eigene Belegschaft.
Durch den Einsatz von agilen Frameworks konnte BMW bereichsübergreifend effektiver kommunizieren und schneller auf Veränderungen reagieren.
#4 Apple: Tech Pionier arbeitet mit agilen Frameworks
Wer an Apple denkt, denkt an technologischen Fortschritt und nicht unbedingt daran, dass Apple Scrum oder andere agile Frameworks einsetzt. Steve Jobs gilt immer noch als Prototyp eines Product Owners, wie er in Scrum definiert ist.
Apple setzt bereits seit langem bei der Entwicklung seiner Produkte auf einen agilen Ansatz. Das Unternehmen arbeitet mit Sprints und einer inkrementeller Auslieferung von Software und Produkten. Durch den Einsatz agile Methoden war Apple in der Lage, die Produktionszeit zu verkürzen, Software-Updates online zur Verfügung zu stellen und das Feedback von Nutzern bei nachfolgenden Versionen zu berücksichtigen.
Fazit: Agiles Arbeiten einfach umsetzen
Im Land der Automobil- und Maschinenbauer haben wir einen Hang zur Perfektion. Grundsätzlich ist diese Eigenschaft lobenswert und verhilft unserer Industrie zu hohen Qualitätsstandards, von denen sich andere gern eine Scheibe abschneiden würden.
Diese Eigenschaft hindert uns aber auch oft daran, Neues zu lernen und Fehler als Lernprozess zu verstehen. Agiles Arbeiten bedeutet, zielgerichtet zu arbeiten, aber innerhalb dieses agilen Prozesses zu lernen. Nicht umsonst definiert das Scrum Event die Retrospective als letzten Event im Scrum Guide.
Deshalb ist es wichtig, dass Sie die Einführung der agilen Arbeitsweise als einen Lernprozess verstehen. Seien Sie daher am Anfang nicht zu kritisch. Lernen Sie mit Ihrem Team, Ziele festzulegen, diese umzusetzen und herauszufinden, warum Sie Ziele erreicht oder nicht erreicht haben. Setzen Sie den Lernprozess fort und entwickeln Sie sich als Team von Sprint zu Sprint weiter.